Nach dem Tod von Papst Franziskus richtet sich die Aufmerksamkeit vieler auf eine Ikone, die ihm besonders am Herzen lag: die Ikone «Salus Populi Romani» – das «Heil des römischen Volkes“. Franziskus suchte oft die Basilika Santa Maria Maggiore auf, um vor dieser Ikone zu beten, besonders vor und nach wichtigen Reisen oder in schweren Zeiten. Vielen fragen sich nun: Was macht diese Ikone so besonders?
Nach alter Tradition wird die Ikone „Salus Populi Romani» dem Evangelisten Lukas zugeschrieben.* Schon im frühen Christentum glaubte man, dass Lukas – der «Maler unter den Evangelisten» – nicht nur das Evangelium und die Apostelgeschichte verfasste, sondern auch als erster die Gottesmutter Maria porträtiert habe. Besonders Lukas vermittelt in seinem Evangelium ein inniges und kraftvolles Bild der Gottesmutter. Der Name der Ikone verweist auf die tiefe Überzeugung, dass Maria als Schutzpatronin über die Stadt Rom und ihr Volk wacht. In Zeiten von Seuchen, Kriegen und politischen Umbrüchen wurde sie immer wieder in feierlichen Prozessionen angerufen.
Die «Salus Populi Romani» zeigt Maria als würdevolle, königliche Mutter, die den Erlöser auf dem Arm trägt. Ihr Gesicht ist ernst, zugleich liebevoll und entschlossen. Auch das Kind Jesus blickt ernst. Er hält in seiner linken Hand ein Buch, das Evangeliar – Symbol des göttlichen Wortes und seiner Weisheit.

Die Farben der Ikone sind bewusst gewählt und folgen dem typischen Farbkanon:
Jesus trägt eine goldene Tunika – Gold verweist auf die göttliche Herrlichkeit und die Auferstehung. Christus ist nicht nur Mensch (Rotbraun), sondern der göttliche Erlöser, der das Licht der Welt in sich trägt (Gold/Ocker).
Marias Gewand ist blau – Blau symbolisiert die himmlische Weisheit/Herkunft und die göttliche Erwählung. In der byzantinischen Ikonentradition steht Blau oft für den Himmel und das Mysterium Gottes. Diese Frau kommt aus dem Himmel.
Ihr inneres Gewand ist rot – eine Farbe, die für königliche Würde, Liebe und für das Blut steht. Maria ist durch ihre einzigartige Berufung, die Mutter Gottes zu sein, wahrhaft Königin. Zugleich verweist das Rot auf ihre Berufung unter dem Kreuz: Als Mutter der Kirche wurden ihr alle Gläubigen anvertraut.
Die gesamte Ikone strahlt eine tiefe Stille und königliche Würde aus: Maria wird nicht als sentimentale Figur dargestellt, sondern als die Theotokos – die Gottesgebärerin und Königin des Himmels. In der linken Hand hält Maria ein Tuch, in der rechten Hand trägt sie einen Ring. Diese Details haben eine besondere Bedeutung:
- Zeichen königlicher Würde: In der Antike und im frühen Mittelalter trugen nur wohlhabende oder hochgestellte Frauen kostbare Tücher oder Schleier als Ausdruck ihres Ranges. Ein solches Tuch war ein Symbol für Adel, Reinheit und Ehre. Indem Maria mit einem Tuch dargestellt wird, wird sie als Königin und edle Herrin präsentiert – die höchste Frau unter den Menschen. Der Ring ist ebenfalls ein königliches Attribut (Siegelring als Zeichen von Autorität).
- Zeichen ihrer mütterlichen Fürsorge: Das Tuch deutet auch auf Mariens Schutzauftrag hin. In der byzantinischen Tradition symbolisiert es das umhüllende, bergende Gebet Mariens für das Volk Gottes. Sie breitet bildlich gesprochen ihren Mantel oder Schleier über die Gläubigen aus.
Für Papst Franziskus war diese Ikone nicht nur eine Erinnerung, sondern eine lebendige geistliche Mutter. Die Ikone «Salus Populi Romani» bleibt ein stilles, kraftvolles Zeichen des Vertrauens auf Gottes Beistand – in Rom und weit darüber hinaus. Möge nun der Auferstandene, Jesus Christus, Papst Franziskus im Himmel das schenken, was er zu Lebzeiten in der Ikone der «Salus Populi Romani» erahnt und verehrt hat: die unermessliche Fürsorge und den Trost Gottes.
Mike Qerkini
*Die Ikone „Salus Populi Romani“ wird gemäss Experten ins 5. Jahrhundert datiert.

Diese reproduzierte Ikone „Salus Populi Romani» der Ikonen-Schule befindet sich in der Krypta der katholischen Kirche St. Anton in Zürich.