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Serie «Faszination Ikonenschreiben» – Interview mit Petra Hug

    Petra Hug teilt im Interview mit der Ikonen-Schule ihre Leidenschaft für das Ikonenschreiben. Was mit einer zufälligen Begegnung während ihres Theologiestudiums begann, ist für sie zu einer tiefgehenden spirituellen Praxis geworden. Im Gespräch erzählt sie von den Herausforderungen und Freuden dieser Kunst, wie sie Ikonen in ihren Berufsalltag integriert und warum sie Mitglied der Ikonen-Schule wurde. Ein inspirierender Einblick in die Welt der Heiligenbilder und die Kraft, die sie in sich tragen.

    Ikonen-Schule: Liebe Petra, wie bist du zum Ikonenschreiben gekommen?

    Petra Hug: Meine erste Berührung mit Ikonen hatte ich zu Beginn meines Theologiestudiums, als ich Mike Qerkini im Kopierraum der Theologischen Hochschule Chur begegnete. Er bereitete dort die Vorlagen für einen Kurs vor, der in wenigen Tagen startete. Ich war sehr fasziniert und wollte am liebsten selbst dabei sein. Dies schien aber nicht möglich, da er nur für Seminaristen war. Doch irgendwie hat Mike dafür gesorgt, dass ich nur wenige Tage später an meiner ersten Ikone dem Hl. Petrus sass. Ich bin ihm dafür unendlich dankbar!

    Du hast schon mehrere Kurse besucht und schreibst auch selbständig Ikonen. Was macht dich zur “Wiederholungstäterin“? Was fasziniert dich? Was ziehst du daraus?

    Zur Wiederholungstäterin wurde ich durch die Sucht, die die erste Ikone bei mir auslöste. Es verging nur sehr kurze Zeit, bis ich alle Materialien selbst mein Eigen nennen konnte. 

    Es fasziniert mich, wie Strich für Strich etwas so Wunderschönes entsteht. Ich besitze sicherlich nicht das grösste Talent für das Ikonenschreiben. Doch irgendwie kommt fast immer etwas Schönes zum Vorschein und wenn nicht, gibt es zum Glück noch Mike, der das Talent hat, am richtigen Ort die richtigen Striche zu ziehen und schon sieht alles besser aus.

    Was war oder ist für dich die grösste Herausforderung beim Ikonenschreiben? 

    Die absolut grösste Herausforderung für mich beim Ikonenschreiben bin ich selbst. 
    In mir kommt sehr viel hoch, wenn ich an meiner Ikone sitze. Es ist für mich wie sehr tiefgehende Exerzitien, die mich an den tiefsten Punkt meines Seins bringen. Ich muss meinen Perfektionismus im Zaum halten und nicht an meiner Unfähigkeit verzweifeln. Dies braucht sehr viel Energie und kann für Mike als Kursleiter auch herausfordernd sein. So schickte er mich zum Beispiel mal auf die Terrasse hinaus um mich zu sammeln, weil ich «am Durchdrehen» war. 

    Was gelingt dir beim Ikonenschreiben am besten, welcher Arbeitsschritt fällt dir am leichtesten? 

    Am leichtesten fällt mir das Föhnen und Abtragen der Farbe. Ich denke, dies liegt daran, dass ich das Spiel mit den Farben die sich vermischen sehr gerne mag und es gleichzeitig auch der abstrakteste Teil der ganzen Arbeit an der Ikone ist.

    An welchen möglichen oder “unmöglichen“, sprich aussergewöhnlichen Orten hast du schon Ikonen geschrieben? Sind Reaktionen gekommen? Wenn ja, welche?

    Es gab eine kurze Phase, wo ich meine angefangene Ikone praktisch immer dabeihatte, egal wohin ich ging. So schrieb ich öfters im Zug, was einige Mitfahrende doch verwunderte. Es kam dadurch mal zu einem sehr spannenden Austausch über das Bilderverbot des Alten Testaments. Ein anderes Mal kam es zu einer Diskussion über Heilige, bzw. wie wir Katholiken auf die Idee kommen, gewissen Menschen heilig zu sprechen. Dies war eher eine gehässige Diskussion, da es dem Gegenüber in erster Linie darum ging, die katholische Kirche zu verteufeln. 

    Sind Ikonen für dich nicht nur privat, sondern auch in deinem Berufsalltag von Relevanz? Wenn ja, in welcher Art und Weise? 

    Ich nutze meine Ikonen immer wieder bei meiner Arbeit. So zierte zum Beispiel meine Weihnachtsikone die Weihnachtskarte für die Neuzugezogenen. Ansonsten baue ich Ikonen gerne in meine Impulse ein. Dies erleben in erster Linie die Senioren in den beiden Altersheimen. Ich erlebe die Ikonen als weitere Möglichkeit mit den Menschen in Kontakt zu treten. Sie haben etwas an sich, dass die Leute anspricht und etwas in ihrem Inneren bewegt. 

    Wenn du, analog zur Ostkirche, den Kirchenraum mit Heiligenikonen ausfüllen dürftest, welche 7-10 Heiligen würdest du wählen? Was wäre dein “Bildprogramm“? Beachte: Jesus, Maria und Josef sowie die 12 Apostel und Johannes der Täufer wären natürlich schon gesetzt, deine 7-10 sind zur individuellen Ergänzung gedacht 😉

    Am wichtigsten wäre für mich die Dreifaltigkeitsikone! Ansonsten wähle ich noch: Eljah den Propheten, Margarethe von Antiochia (die mit dem Drachen), den Hl. Josef und die Erzengel Gabriel, Raphael und Michael.

    In meinem Kirchenraum dürften auch einige Szenen nicht fehlen, daher wähle ich noch die Verklärung, die Geburt Jesu sowie die Auferstehung Jesu aus dem Grab.

    Hat sich dein Blick auf Christliche und/oder sakrale Kunst verändert, seit du dich mit Ikonen beschäftigst? 

    Absolut. Mir fiel auf einmal auf, dass oft sogar auf Glasfenster Falten dargestellt werden. Mein Blick lenkt sich nun bei jedem Bild zuerst auf die Falten und danach auf die Gesichter. Es ist beeindruckend, wie die Künstler dies seit Ewigkeiten tun.

    Mein Blick hat sich aber nicht nur auf die Kunst an sich verändert, sondern auch auf die Gesichter von lebenden Menschen. Ich schaue diese viel genauer an und wenn ich gerade an einer Ikone sitze, dann schaue ich noch genau, wo helle und wo dunkle Stellen sind. Es gibt da dann manchmal Momente, wo ich mir vorstelle dieses Gesicht zu schreiben…

    Was hat dich bewogen, Mitglied des Vereins Ikonen-Schule zu werden?

    Als meine Sucht nach Ikonen und vor allem dem Schreiben eigener Ikonen begann, war für mich klar, dass ich möchte, dass immer mehr Menschen, speziell in der katholischen Kirche, die Schönheiten und Symboliken in den Ikonen kennenlernen können. Die Mitgliedschaft im Verein ist mein kleiner Beitrag etwas dazu beizutragen. Gleichzeitig bin ich dadurch immer über das Neuste informiert und kann bei der Generalversammlung auch mitreden.

    Herzlichen Dank für das Gespräch!

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